Bürgermeister Frank Peter Ullrich:

„Als Mitglied der Mayors for Peace begrüßen wir ausdrücklich das Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrages. Er ist ein Meilenstein auf dem Weg zu Global Zero, einer Welt ohne Atomwaffen. Denn die humanitären Folgen eines Einsatzes von Atomwaffen sind katastrophal. Wir brauchen jetzt eine neue Debatte über nukleare Abrüstung und Rüstungskontrolle. Eine friedliche und sichere Zukunft lässt sich nur in einer Welt ohne Atomwaffen gestalten.“

Mayors for Peace begrüßen Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrages – Stadt Düren hisst symbolisch die Flagge der Organisation als Zeichen der Solidarität, Stadt Düren, Pressemeldung, 22.01.2021

Wow! Super! Voll peace und so! Gibt´s irgendwie was Neues bzgl. der Kernwaffen direkt vor unserer Haustür? Anderthalb Stunden von Düren entfernt, warten doch noch diverse Nukes auf ihren Abschuss, oder nicht? Sind die jetzt, nach Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrags, entrümpelt und entsorgt worden? Hat Joe Biden die schon abgeholt? Wurden die nicht unlängst noch modernisiert, um sie den heutigen „Anforderungen“ anzupassen? Kommt da noch irgendeine Info?

Büchel, anderthalb Autostunden von Düren entfernt.
Hier lagern round about 20 der weltfriedenbewahrenden Nukes.
Quelle: Stahlkocher @wikimedia commons
Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

Die Atommächte sind dem Vertrag nicht beigetreten. Auch Deutschland ist nicht dabei.

Mayors for Peace begrüßen Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrages – Stadt Düren hisst symbolisch die Flagge der Organisation als Zeichen der Solidarität, Stadt Düren, Pressemeldung, 22.01.2021

Upps. Ach so. Naja, OK. Und warum eigentlich nicht? Was sagt die eigene Partei dazu, Herr Bürgermeister?

Für die SPD bezeichnete Gabriela Heinrich den Vertrag als einen „neuen und wichtigen Impuls“. Eine Welt ohne Atomwaffen „bleibt das Ziel sozialdemokratischer Politik“, stellte sie klar. Doch könne Deutschland den Vertrag aktuell nicht unterschreiben, weil dies nicht mit den bündnispolitischen Verpflichtungen in der Nato vereinbar sei. „Das geht einfach nicht zusammen“, sagte Heinrich. Die Bundesregierung sollte sich jedoch als Beobachter bei der Vertragsstaatenkonferenz einbringen, um die Ziele des Vertrages konstruktiv zu unterstützen.

Quelle: bundestag.de

Die GenossiX haben mal wieder Angst vor der eigenen Courage und wollen nur zugucken? Nix Neues also… Und die NATO? Die steht mit ihrer nuklearen Abschreckungsstrategie wie ein Fels in der Brandung:

Atomwaffen bilden seit der Gründung der NATO die Grundlage für die kollektive Verteidigung der Allianz. Seit über 70 Jahren dienen sowohl die unabhängigen nuklearen Kräfte der NATO-Atomwaffenstaaten – der USA, des Vereinigten Königreichs und Frankreichs – als auch die in Europa stationierten US-Atomwaffen zur Abschreckung für das Bündnis und Rückversicherung der Alliierten. Die Staats- und Regierungschefs der NATO haben wiederholt bekräftigt, dass die NATO ein nukleares Bündnis bleiben wird solange Kernwaffen existieren.

Klar ist: wir brauchen immer noch Atomwaffen, weil nukleare Abschreckung immer noch notwendig ist und ihre Prinzipien immer noch funktionieren.

Nukleare Abschreckung heute
NATO, 08.06.2020


Hast Du ne fette Knarre, dann brauch ich noch mehr, noch fettere Knarren! Ist doch ganz einfach!

Und das ist auch der Grund für die Nicht-Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags? Weil andere auch Atomwaffen haben und weil sich der eine Vertrag nicht mit dem anderen Vertrag verträgt? 😉 Ok, da kann man lange drüber streiten…

Siehe auch hier: bundestag.de

Oder/und sich Rat beim Wissenschaftlichen Dienst holen, um mal nachzufragen, was die „ExpertiX“ so zur absoluten Unvereinbarkeit von Atomwaffenverbotsvertrag und
a) tatsächlichen Abrüstungsbestrebungen sowie
b) Atomwaffensperrvertrag (Nichtverbreitungsvertrag)
zu sagen haben.

Nuclear deterrence hin oder her? Ach so, das ist schon passiert:

Resümee
Das Verhältnis zwischen Atomwaffenverbotsvertrag und Nichtverbreitungsvertrag ist ganz offensichtlich besser als sein Ruf. Während vor allem durch AVV-kritische Staatenvertreter sowie durch regierungsnahe Think Tanks und Abrüstungsexperten Zweifel an der rechtlichen Vereinbarkeit von AVV und NVV geäußert und genährt werden, kommt doch der ganz überwie- gende Teil der Völkerrechtsliteratur – darunter ausgewiesene Experten aus dem Bereich des in- ternational disarmament law von Universitäten und Forschungsinstituten, aber vor allem auch Teilnehmer (Diplomaten und academics) an der UN Diplomatic Conference, die den AVV ausgehandelt hat – zu dem Ergebnis, dass beide Verträge weniger in einem rechtlichen Konkurrenz-, als in einem Komplementärverhältnis zueinander stehen.

Das bedeutet konkret: Der AVV steht juristisch nicht in Widerspruch zum NVV.103 Die rechtliche „Fortschreibung“ des AVV besteht vor allem darin, dass er – im Gegensatz zum NVV – konkrete Abrüstungsverpflichtungen enthält und die Strategie der nuklearen Abschreckung delegiti- miert.104 Mit diesem Vertragszweck verbindet sich offensichtlich die Hoffnung zahlreicher Staaten, die dem AVV in den letzten Jahren beigetreten sind. (…)

Der AVV unterminiert den NVV nicht, sondern ist Bestandteil einer gemeinsamen nuklearen Abrüstungsarchitektur. Der AVV ist daher auch kein Hemmnis für die nukleare Abrüstung, hätten die NVV-Staaten nur den politischen Willen dazu. (…)

Zum rechtlichen Verhältnis zwischen Atomwaffenverbotsvertrag und Nichtverbreitungsvertrag
Wissenschaftliche Dienste, Deutscher Bundestag, 19.01.2021
Naja, zur Not können wir die Nukes ja noch sinnvoll und wirklich nachhaltig zum Einsatz bringen…

Der Eifel-Erstschlag

Aber was zählen schon wissenschaftliche Analysen, wenn man schicke, neue Atomwaffen direkt vor der Haustür geparkt haben darf?

Anderthalb Autostunden entfernt stehen unsere heimischen Waffenbrüder- und -schwestern Gewehr bei Fuß, um endlich mal den roten Knopf drücken zu dürfen. Wobei: Was sagen die SoldatiX eigentlich zu ihrer Aufgabe, ggf. mal ein paar Nukes abwerfen zu dürfen/müssen? Finden die bestimmt alle ganz toll. Also nehmt unseren tapferen Jungs/Mädels in Uniform doch bitte nicht den Thrill und Spaß an der Sache: Welcher deutsche Soldat hätte ohne die freundlichen US-NATO-Nukes sonst jemals die Chance auf einen echt historischen Abwurf?

Wir stellen fest:

Düren ist (aus Gründen) bereits so abschreckend, dass es keiner weiteren lokal-nuklearen Abschreckung bedarf, die uns vor vermeintlichen feindlichen Übernahmen schützen könnte. Anders als Büchel.

Wir fordern:

Die atomwaffenfreie Zone muss unter allen Umständen auf die Stadt (maximal den Kreis) Düren beschränkt bleiben. Dies gebietet die nicht mal durch einen atomaren Erstschlag verwundbare (NATO-) Logik.


Und Die Grünen? Ärgern sich diesbezüglich gerade schwarz über die ihnen sonst so nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung:


Siehe auch hier: swr.de

Siehe auch hier: tagesschau.de



Quellen / Infos:

It is very possible to take away the nuclear threats to mankind and human survival. In the case of eliminating all nuclear weapons worldwide, it only takes everyone agreeing to do it.

Noam Chomsky, 05.04.2014

Extremistischer Pazifismus nur mit uns!